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Kein Mindestlohn für WfbM-Klienten


Viele Menschen fragen sich, warum Klienten in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) nicht den gesetzlichen Mindestlohn verdienen. 

Die Antwort liegt in der besonderen Rolle der WfbM: Sie sind nicht in erster Linie Arbeitgeber, sondern Einrichtungen zur beruflichen Rehabilitation und Teilhabe am Arbeitsleben.

Abb. generiert mit Unterstützung von ChatGPT.

WfbM – mehr als nur Arbeitsplatz

Werkstätten für Menschen mit Behinderung sind Einrichtungen, die Teilhabe am Arbeitsleben ermöglichen. Sie richten sich an Menschen, die aufgrund einer vollen Erwerbsminderung nicht oder noch nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können. Im Berufsbildungsbereich spricht man in der Regel von Teilnehmern, im Arbeitsbereich eher von Klienten.

Rechtlich stehen Klienten in der WfbM in einem sogenannten arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis. Das bedeutet: Sie haben ähnliche Rechte wie Arbeitnehmer – zum Beispiel in der Sozialversicherung – sind aber keine regulären Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts.

Das Ziel der WfbM ist nicht primär, wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen, sondern individuelle Qualifizierung, Förderung und soziale Teilhabe sicherzustellen.
Im Gegensatz zu einem regulären Arbeitsverhältnis handelt es sich also nicht um klassische Erwerbsarbeit, sondern um eine Rehabilitationsmaßnahme.

Das Entgelt in einer WfbM setzt sich typischerweise aus drei Bestandteilen zusammen:

  • Grundbetrag (solidarisch für alle, unabhängig von der individuellen Leistung)
  • Steigerungsbetrag (abhängig von der persönlichen Arbeitsleistung)
  • Arbeitsförderungsgeld (AFöG) – ein gesetzlich festgelegter Betrag, der zusätzlich gezahlt wird und die Motivation fördern soll

Warum kein Mindestlohn gezahlt wird – und was stattdessen gilt

Der gesetzliche Mindestlohn gilt nur für reguläre Arbeitnehmer. Klienten in einer WfbM gelten zwar rechtlich als in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis stehend, sind aber nicht arbeitsvertraglich beschäftigt. Daher greift die Mindestlohnregelung nicht.

Statt eines Mindestlohns erhalten sie ein Werkstattentgelt, das im Durchschnitt bei rund 172 Euro liegt, zuzüglich AFöG von 52 Euro.

Um den Lebensunterhalt zu sichern, kommt die Grundsicherung nach dem SGB XII hinzu. Sie umfasst Regelbedarf, Unterkunft und mögliche Mehrbedarfe.

Eine Beispielrechnung der BAG WfbM zeigt:

  • Werkstatt-Klienten: Verfügbares Monatseinkommen ca. 1.128 Euro, plus volle Absicherung in Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung.
  • Mindestlohn-Beschäftigte (35 Std./Woche): Verfügbares Monatseinkommen ca. 1.398 Euro, ebenfalls sozialversichert.

Auffällig: Klienten in der WfbM erwerben mit 0,8 Rentenpunkten pro Jahr eine höhere Rentenanwartschaft als viele Beschäftigte im Niedriglohnsektor.


Diskussion um Reformen

Die Diskussion um den Mindestlohn in WfbM wird intensiv geführt. Werkstatträte Deutschland fordern statt eines Mindestlohns ein Basisgeld, das unabhängig von der Leistung gezahlt wird und die wirtschaftliche Lage der Werkstätten berücksichtigt.

Klar ist: Arbeit in der WfbM ist wertvoll – für das Selbstwertgefühl, die soziale Teilhabe und als Beitrag zur Gesellschaft.
Gleichzeitig bleibt die Herausforderung, ein gerechtes und nachhaltiges Entgeltsystem zu entwickeln, das sowohl Anerkennung als auch soziale Absicherung bietet.

Bis dahin gilt: WfbM sind keine reinen Arbeitgeber – sie sind Teilhabe-Orte, an denen Klienten ihre Fähigkeiten einbringen, erproben und weiterentwickeln können.

Weiterführende Informationen finden Sie auch unter: https://www.bagwfbm.de/page/entgelte_und_einkommen